Bericht aus dem Stadtbezirksbeirat vom 15. Juni 2020

Am letzten Montag  gab es die vorletzte Sitzung vor der Sommerpause. Die Tagesordnungspunkte waren recht überschaubar, die Länge dennoch wie üblich über drei Stunden.

Haushaltsmittel wieder frei

Am wichtigsten ist wohl, dass der OB und der Finanzbürgermeister die Haushaltsmittel für uns wieder freigegeben haben, zumindest zu 50%. Das entspricht zwar nicht meiner eingebrachten und vom Bezirksrat bestätigten Forderung von 100% der Mittel, es ist jedoch ein Anfang. Bei der nächsten Sitzung am 6. Juli werden nun eine ganze Menge Förderanträge behandelt – das wird spannend. Sollten wir alles beschließen, bleiben noch etwa 25.000 € zum Ausgeben für den Herbst; das ist nicht viel und insofern hoffe ich, dass noch mehr SBR-Mittel freigegeben werden.

Woche des guten Lebens verschoben

Der eine oder andere wird es bereits gehört haben: Die Woche des guten Lebens ist auf Mai 2021 verschoben. Das war durch Corona abzusehen. Zusätzlich hat sich jedoch das Projektgebiet noch stark eingeschränkt – was ich persönlich schade finde, jedoch wohl der Macht des Faktischen geschuldet ist.


Die rot markiereten Straßen bleiben wie bisher befahrbar, die grünen Straßen stellen das Projektgebiet dar. Louisenstraße und Martin-Luther-Platz sollen dabei für eine Woche zur Fußgängerzone werden, der Zugang zu privaten Stellplätzen bleibt gewährleistet. Auf den blauen Straßen sollen die Bewohnenden der Neustadt selbst entscheiden, ob sie dort parken werden oder nicht. Es liegt ein positives Rechtsgutachten zur Umsetzung vor. In den nächsten Monaten wird es nun verschiedene Online- und Offline-Formate geben, um mit Anwohnenden mögliche Veranstaltungen zu planen.

Bürgerfragestunde und die Geschäftsordnung

Die Grüne hatten einen Vorschlag eingebracht, Bürgerfragestunden auf jeder Sitzung auf die Tagesordnung zu bringen. Ein ähnlicher Vorschlag wird bereits in der Verwaltung geprüft, so eine Änderung der generellen Tagesordnung muss jedoch in der Geschäftsordnung verankert werden. Da der Stadtrat über die Geschäftsordnung der Bezirksräte bestimmt, kommt diese Fragestunde vielleicht bald oder auch nicht. Ich fasse es immer noch nicht und kritisiere weiterhin, dass ein Gremium sich nicht seine eigene Geschäftsordnung geben oder anpassen kann. Das kenne ich von keinem anderen öffentlichen, demokratisch gewählten Gremium und finde das äußerst arm.

Anfrage Ampeln

Ich hatte im Auftrag unserer Basis eine Anfrage gestellt, ob die Fußgängerampeln mit Rufknopf aus Corona-Schutzgründen in die normalen Ampelphasen eingeschleift werden, um nicht mehr den Rufknopf betätigen zu müssen.

Die lapidare Antwort: In der Neustadt wurde noch nichts umgestellt. Die Kosten pro Umstellung betragen 1.000 EUR, welche durch die Haushaltssperre nicht gedeckt sind. Die zweite Frage, ob permanent „Signal kommt“ angezeigt werden kann, wurde damit beantwortet, dass das einer Softwareänderung durch die Signalbaufirma bedarf, die durch diese durchzuführen sind. Auch diese Kosten sind durch die Haushaltssperre nicht gedeckt.

Verkehrsentlastung während Baumaßnahmen Bautzner Straße/Loschwitzer Brücke

Nach ursprünglicher Planung sollte die Bautzner Straße und das Blaue Wunder parallel gebaut werden. Dem dadurch entstehenden Verkehrskollaps will die Linke mit einigen Maßnahmen begegnen, vor allem durch Schmackhaftmachung des ÖPNVs: zwei neue P+R, Ausdehnung des Fährbetriebes und des Ersatzverkehrs sowie kostenfreier ÖPNV auf der Linie 11. Was für eine geile, piratige Idee!

Die Verwaltung (Geschäftsbereich 6) hat bereits eine Stellungnahme zu diesem Antrag verfasst. Der wohl wichtigste Punkt ist, dass aufgrund fehlender Mittel das Blaue Wunder erst 2022 saniert wird, es somit keine Überschneidung und damit wohl auch nur einen geringeren Verkehrskollaps geben wird. Den kostenfreien ÖPNV finden sie nicht so gut, da das wohl nur eingeschränkt wirksam wäre und schwer zu regeln ist.

Dahingehend wollten Klemens Schneider (Grüne) und Felix Göhler (SPD) dann diesen Punkt (c) auch aus dem Antrag streichen, mit der Begründung, dass die Euros der DVB lieber in den Netzausbau als in die Fahrscheinlosigkeit gesteckt werden sollten. 

Ich spreche mich dafür aus, diesen Punkt (c) drin zu lassen, um den fahrscheinlosen ÖPNV immer wieder als Mittel zur Verkehrsentlastung und für besseres Klima ins Bewusstsein der Verwaltung zu heben. Zusätzlich handelt es sich hier um einen Prüfauftrag, nicht um eine konkrete Umsetzung. Insofern erhalten wir auch gleich schriftlich von der Verwaltung, warum das nicht geht und können uns dann ausdenken, wie es beim nächsten Mal doch gehen kann.

Klemens stellt den Antrag, Punkt (c) extra abzustimmen, was dann auch getan wird. Punkt (c) wird mit 11 Ja-Stimmen (3 Enthaltungen, 3 Nein) dann doch beibehalten, die restlichen Punkte mit 14 Ja-Stimmen bei 1 Enthaltung und 2 Nein-Stimmen angenommen.

Zweckentfremdung Wohnungen (Nutzung als Ferienwohnungen)

Die Grünen haben einen Antrag eingereicht, dass eine Zweckentfremdungssatzung in Dresden eingeführt werden soll, um die Umnutzung von Wohnraum als Ferienwohnungen zu unterbinden. Angewendet werden soll sie auf die Neustadt und die umliegenden Stadtteile.

Ein Gutachten im Auftrag der Stadt an die Empirica AG belegt, dass 2019 in Dresden etwa 1.300 Wohnungen als Ferienwohnungen zweckentfremdet werden und dass die Zahl in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist und vorraussichtlich weiter steigen wird.

Soweit, sogut. Felix Göhler von der SPD weist dann aber darauf hin, dass dies schon 2019 im Stadtrat von rot-grün-rot beschlossen wurde und im Koalitionsvertrag Sachsen bereits verankert ist. Warum also nochmal beschließen?

Oliver Mehl (Grüne) antwortet, dass die Dringlichkeit aus Sicht des SBR nochmals unterstrichen werden soll. Außerdem will Frau Dr. Kaufmann (Bürgermeisterin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen ) den allgemeinen Bedarf für Dresden prüfen; hier soll unterstrichen werden, dass es für die Neustadt dringenden Bedarf gibt.

Anne Gieland (Linke) schließt sich der Meinung an, dass eine erneute Aufforderung an die Verwaltung nicht sinvoll ist. Die Forderung nach einer Zweckentfremdung kann jedoch bestehen bleiben.

Ich schließe mich der Meinung Annes an und meine, dass es über die Mitglieder von SPD und Grüne im Landtag – die das ja dann auch beschließen müssen – einfacher ist, dass mit Nachdruck zu fordern, als aus der Verwaltung Dresdens heraus.

Punkt 1, dass wir eine Zweckentfremdungssatzung für die Neustadt brauchen, wird dann auch mit 15 Ja-Stimmen bei 2 Nein-Stimmen angenommen. Punkt 2, die erneute Aufforderung an die Verwaltung kommt dann auch nur knapp mit 9 Ja-Stimmen bei 8 Nein-Stimmen durch.

Kriminalitätsstatistik 2019

Der Leiter des Polizeireviers Dresden-Nord Polizeirat Sven Fischer stellte die Kriminalitätsstatistik für 2019 vor. Insgesamt wurden in der Neustadt 6.938 Fälle aufgenommen (15% der Gesamtdelikte in Dresden), das ist ein Rückgang um 12,6% im Vergleich zu 2018. Die Aufklärungsquote liegt bei 49%. Folgende Delikte treten am häufigsten auf: Diebstahl (45%), Rohheit (12%) und Rauschgift (9%, am meisten Marihuana). In der Äußeren Neustadt wurden 3.308 Fälle erfasst, ein Rückgang um 13,9% zu 2018 bei gleicher Aufklärungsquote von 49%.

Zur Lage an der „schiefen Ecke“ [sic] und dem Scheunevorplatz kann es nur eine gemeinsame Lösung geben. Dazu hat das Polizeirevier den Masterstudiengang der Polizeihochschule Rothenburg eingeladen und in einem Workshop mit dem Stadtbezirksamt die Wünsche der öffentlichen Akteure zusammengetragen. Anhand dieser Wünsche erarbeiten die Studierenden mögliche Konzepte. Die Ergebnisse werden Ende Juli vorliegen.

Lotte Brock von der Partei fragt, ob bei Personenkontrollen erfasst wird, welcher Nationalität die kontrollierten Personen angehören. Dies wird nicht erhoben. Weiterhin bedankt sie sich bei der Polizei, dass diese in letzter Zeit so entspannt mit Menschenansammlungen umgegangen ist.

Straßenbaumkonzept

Vom Amt für Stadtgrün wurden ein paar Infos an uns herangetragen:

  • In der Neustadt gibt es Potential zu neuen Bäumen auf der Auenstraße, Lößnitzstraße, Ludwigstraße, Melanchthonstraße und der Stetzscher Straße. Ergänzung sind auf 2 Straßen möglich.
  • Eine Baumneupflanzung kostet im Mittel 4.200 EUR pro Baum.
  • Eine Sanierung von Altbäumen kostet im MIttel 1.500 EUR pro Baum.
  • Durch den Klimawandel haben sich die Kosten für den Baumkauf bei Baumschulen verdoppelt.
  • Dresdens Baumbestand der letzten 100 Jahre:
    • 1928: 60.000 Bäume
    • 1990: 28.200 Bäume
    • 2008: 48.500 Bäume
    • 2017: 54.000 Bäume
  • Dresdens Planung:
    • Potential im Hauptstraßennetz: 29.800 Bäume (inkl. Bestand)
    • Potential im Nebenstraßennetz: 31.000 Bäume (inkl. Bestand)
    • geschätzter Maximalbestand derzeit: 64.300 Bäume
    • mit Neuordnung des Dresdner Straßenraums: 77.400 Bäume + x

Herr Abel (Grüne) fragt, ob denn das Potential bei der Gebäudebegrünung kommunaler Gebäude mit bedacht wird. Als Antwort kommt, dass das unabhängig vom Straßenbaumkonzept ist, sich da wohl aber etwas im Geschäftsgang befindet.

Christian Demuth (SPD) fragt, wie es denn mit einem Sonnensegel auf dem Wasserspielplatz Böhmische Straße aussieht? Das Stadtgrünamt sagt, dass es schlechte Erfahrung mit Sonnensegeln gemacht hat, 3 von 4 in Dresden installierte wurden geklaut. Als Anregung wird mitgegegeben, anstatt von Sonnensegeln gern Wein auf Holzgerüst wachsen zu lassen, um den Schatten herzustellen.

Ich werfe wiederholt ein, dass bitte auf den Versand von CDs verzichtet werden soll und stattdessen wiederbeschreibbare Datenträger, z.B. USB-Sticks, sinnvoller wären.

Das Straßenbaumkonzept wird einstimmig angenommen.

Baumpflanzungen Jägerstraße

Der Gehweg auf der Jägerstraße zwischen Prießnitzstraße und Radeberger Straße soll saniert werden. Als das Amt für Stadtgrün das mitbekam, hat es zügig eine Bepflanzungsplanung durchgeführt, da es sinnvoller ist – wenn die Jägerstraße einmal offen ist – gleich auch neue Bäume zu pflanzen. So sollen 14 Nachpflanzungen durchgeführt werden. Ursprünglich waren 40.000 € aus dem SBR-Budget vorgesehen, durch eine geschickte Querfinanzierung sind es nun noch 27.600 €.

Der Rat stimmt mit 15 Ja bei 2 Enthaltungen zu.

Bebauungsplan 392: Stauffenbergallee/Marienallee

Dieses Objekt hatten wir schon einmal vor langer Zeit bei uns. Wegen Schallschutzprüfungen haben sich die Planungen um über 2 Jahre verzögert. Vor allem die Offiziersschule hatte Bedenken wegen ihres Hubschrauberlandeplatzes und dem Schießplatz. Zusätzlich ging die erste Planung davon aus, dass keine Umwelt- und Habitatprüfung notwendig sei – ein Trugschluss, da sich auf dem brachliegenden Gelände eine vielfältiges Habitat entwickelt hat. Deshalb musste ein Ersatzhabitatgefunden werden.

Herr Abel (Grüne) kritisiert, dass die Ersatzpflanzungen nur außerhalb des Stadtbezirkes vorgenommen werden. Es wird erklärt, dass diese Entscheidung beim Umweltamt liegt, und sehr oft einfach nur von den Möglichkeiten abhängt. Außerdem könnten die Gelder für die Ersatzpflanzungen des Investors doch für die Straßenbegrünung (z.B. auf der Jägerstraße) genutzt werden statt Gelder des SBR zu nutzen. Für gewöhnlich wird drauf geachtet, dass das auch passiert; wo das hier schief gelaufen ist, kann Bezirksamtsleiter Barth und das Stadtplanungsamt gerade nicht beantworten.

Oliver Mehl (Grüne) fragt noch, ob die WID ihre gewünschten Sechsgeschosser bauen kann, damit die Sozialwohnungen nicht zu teuer für die Stadt werden. Dies ist möglich.

Der Plan wird mit 15 Ja-Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen.

Bibliotheksentwicklungsplan

Seit 2018 gibt es die Zentralbibliothek im Kulturpalast, zusätzlich 19 dezentrale Standorte und über 30 Schulbibliotheken im gesamten Stadtgebiet. Dresden hat die älteste Fahrbibliothek Deutschlands und ist mit 300 ehrenamtlich Helfenden auch ganz vorn dabei.

Von 2015 bis 2019 gingen die Besuche um 13,1% nach oben, die aktiven Nutzer:innen um 9,1%. Entleihungen gingen leicht zurück, lagen jedoch immer noch bei 5,4 Mio. Die Neuanmeldungen stiegen um 18,4%, die Nutzung der digitalen Dienste um 162,8% auf über 65.000 Nutzungen. Veranstaltungen und Führungen stiegen um 15,7%.

Der wichtigste Punkt ist, dass mit dem Konzept Bibo 7/10 die Bibliotheken als „Dritte Orte“ etabliert werden sollen: 7 Tage die Woche für alle Dresdner:innen ab 10 Uhr bis 18 Uhr und auf Anfrage bis 22 Uhr geöffnet, in enger Verbindung mit dem Projekt Nachbarschaftszentren. Dafür ist keine Personalaufstockung notwendig, die Kosten belaufen sich auf 44.000 € pro Jahr und Standort, zzgl. der Investitionen, um die Orte für Bibo 7/10 fit zu machen.

Die Haushaltssperre hat die Bibliotheksentwicklung voll getroffen. Der Finanzbürgermeister hat die Bibliothek nicht als unabweisbare Ausgaben eingestuft, obwohl diese der größte Bucheinkäufer im Stadtgebiet ist, also direkte Wirtschaftsförderung betreibt. Genauso sind die Veranstaltungsformate zur Leseförderung und Medienkompetenz zur Zeit ohne Budgets ausgestattet und können nicht fortgeführt werden. Ein weiteres Anliegen ist die Etablierung weiterer Schulbibliotheken – ebenfalls zur Zeit nicht möglich. Und nicht zuletzt wäre die Neustädter Bibliothek mit 10.000 EUR sofort in eine Bibo 7/10 umzuwandeln – aber auch hier heißt es: Haushaltssperre.

Klemens Schneider (Grüne) schlägt vor, die Investitionskosten für den Umbau der Neustädter Bibliothek in eine Bibo7/10 gern aus dem SBR-Budget zu unterstützen und hält das in einem Änderungsantrag fest.

Sowohl der Änerungsantrag als auch der Hauptantrag werden einstimmig angenommen.

 

Bis zum nächsten Bericht,


Anne Herpertz

Jan Kossick
Neustadtpiratenbüroleiterin Bezirksrat für die Neustadt

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