#Stayathome – Um die Ausbreitung des Virus‘ so effektiv wie möglich zu verringern, verzichten wir auf persönliche Kontakte, Reisen und viele weitere Annehmlichkeiten des täglichen Lebens und ziehen uns in die eigenen vier Wände zurück. Das können jedoch nicht alle, allein in Dresden sind mehrere hundert Menschen ohne ein Zuhause.
Wie ist die aktuelle Situation?
Laut der Stadt Dresden waren „[i]m Jahr 2017 […] durchschnittlich 310 wohnungslose Personen in Übergangswohnheimen und Gewährleistungswohnungen untergebracht.“ Zu beachten ist, dass dies nur die von der Stadtverwaltung als wohnungslos gemeldeten Personen umfasst. Die Dunkelziffer liegt demnach voraussichtlich deutlich höher. Darüber hinaus sind seither die Netto-Kaltmieten im Stadtgebiet um 6,4% gestiegen, ölbeheizte Wohnungen wiesen darüber hinaus deutlich höhere Nebenkosten aus. Es ist also davon auszugehen, dass die Zahl der Wohnungslosen bis heute weiter gestiegen ist.
Und jetzt: Corona. Spenden von Passant·innen nehmen ab, weil die Fußgängerzonen wie leergefegt sind und viele aus Angst vor Infektionen einen extra großen Bogen um Obdachlose machen. Das Büro der Straßenzeitung dr.Obs ist seit Mitte März bis auf weiteres geschlossen. Das Sammeln von Pfandflaschen, was auch immer mehr ältere Menschen tun um ihre Renten aufzubessern, lohnt nicht mehr, weil sich weniger Leute im Freien aufhalten. Wer also auf diese und andere Zuverdienste angewiesen ist, steht nun leer da.
Wie die Bundesarbeitsgruppe Wohnungslosenhilfe (BAGW) informiert, gehören Wohnungslose oftmals Risikogruppen an. Viele sind ältere Menschen, häufig gibt es Vorerkrankungen, chronische Krankheiten treten vermehrt auf und viele Betroffene haben eine Vorgeschichte zu Drogen- oder Alkoholsucht. Dazu kommen die eingeschränkten Möglichkeiten der Körperhygiene, häufiges Händewaschen ist ohne eigenes Badezimmer schwierig umzusetzen. Also: Wohnungslose sind in #Corona-Zeiten besonders betroffen und besonders gefährdet!
Solidarität wirkt sofort!
Laut einer Pressemitteilung der Stadt Dresden sind aktuell genügend Hilfsmöglichkeiten vorhanden, um Wohngslose mit Nahrung, Kleidung und einem Bett für die Nacht unter die Arme zu greifen. Auch die Suchthilfe bleibt weiterhin erreichbar. All den Mitarbeiter·innen, ehrenamtlichen Helfer·innen sowie freiwilligen Unterstützer·innen gebührt Anerkennung, sich mit Herzblut für die Bedürftigen einzusetzen – nicht nur in Zeiten der Pandemie!
Allerdings: Im Oktober berichtete die Sächsische Zeitung, dass Dresden zu dieser Zeit knapp 350 Betreuungsplätze besessen habe. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die (offizielle) Zahl der Wohnungslosen seit 2017 unverändert geblieben ist – dann ist die Kapazität beinahe ausgeschöpft. Sollten sich nun weitere notleidende Menschen dazu entschließen, wegen der oben genannten Auswirkungen der Corona-Krise diese Einrichtungen aufzusuchen, könnten diese schnell über ihre Kapazitätsgrenzen geraten. Eine weitere Befürchtung der BAGW ist, dass, sollte es zu einem Ausbruch in einem Übergangswohnheim kommen, viele Wohnungssuchende aus Angst die Heime meiden. Man darf nicht vergessen, dass es keine medizinischen Einrichtungen sind und ein Großteil der ehrenamtlichen Helfer selbst der Risikogruppe angehören.
In vielen Berichten, die man zu diesem Thema lesen, hören oder sehen kann, stellt sich an dieser Stelle die Schuldfrage: Trägt die Kommune die Verantwortung? Hat das Land die Lage zu lange ignoriert? Diese Überlegungen sollten wir jedoch auf später verschieben, denn Sie lösen das momentane Problem nicht. Wichtiger ist: Was können wir jetzt unternehmen? Die Antwort lautet: Seid solidarisch! In einem PDF-Dokument listet die Stadt Dresden alle offenen Einrichtungen der Grundversorgung sowie der Suchthilfe auf. Diese und andere Organisationen könnt ihr mit Sach- oder finanziellen Spenden unterstützen. Sicherlich werden auch hier und da noch ein paar helfende Hände gesucht. Eine weitere tolle Möglichkeit sind die nun vielerorts entstehenden Gabenzäune oder -schränke. Dort könnt ihr nützliche Dinge und Lebensmittel hinterlassen, wie Kleidung, Schuhe, Handtücher, Hygieneartikel oder Konserven und Mineralwasser. Für uns mögen das Kleinigkeiten sein, aber anderen kann es zu einem besseren Alltag verhelfen.
Ihr habt noch mehr Ideen? Teilt uns gern eure Lösungen mit, wie wir alle einander besser helfen können!
Wie geht es weiter?
Covid-19 wirft Fragen auf, die viele von uns nicht auf dem Radar hatten. Wir bemerken plötzlich, dass es Menschen in unserer Mitte gibt, welche auf einmal aus dem System zu fallen scheinen. Wohnungslose sind natürlich ein Extrembeispiel, da deren Leben auch in anderen Zeiten unvorstellbar hart ist. Doch die Liste der Betroffenen ist lang: Renter·innen, Erwerbsunfähige, Alleinerziehende, selbstständige Künstler·innen, Studierende, die kein BAföG beziehen usw.
Nichtsdestotrotz muss es möglich sein, in einem politischen System gut leben zu können, unabhängig davon, wo ich lebe, was ich tue und wie alt ich bin. Einige Gedanken dazu könnt ihr in unserem anderen Blogbeitrag Wie wollen wir leben – nach Corona? nachlesen. Einen Vorgeschmack findet ihr im folgenden Videoschnipsel. Bleibt gesund!