Zunächst: durch eine willkürliche Haushaltsentscheidung von OB Hilbert drohte bis letzte Woche, dass der Stadtbezirksbeirat Neustadt fast ohne freie Finanzmittel in 2024 hätte auskommen müssen. So wäre z.B. das ‚Neustadt Art Festival‘, der ‚Neustädter Advent‘, das ‚Advenster‘, die Bespielung des Scheune-Vorplatzes, das Kinderfest im Alaunpark sowie sämtliche Stadtteil- und Straßenfeste nicht finanziert und damit bedroht gewesen. Dieses essentielle Problem für die Neustadt hatte Anne öffentlich angeprangert und sich um Unterstützung im Rathaus bemüht. Mit im Zuge dessen konnten die Dissidenten (Piraten) und die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag im Stadtrat eine Mehrheit finden und damit den Oberbürgermeister überstimmen, um die eingefrorenen Finanzmittel für die SBRe wieder freigeben. Uff, das war knapp. Außerdem werden die Mittel von 2023, die aufgrund der Haushaltssperre nicht ausgegeben werden konnten, auf 2024 übertragen.
Zur zweiten Sitzung des Jahres 2024 sind 18 Beirät:innen anwesend. Neben jeder Menge Förderanträge gab es eine Vorstellung der SachsenEnergie zur Müllverbrennungsanlage im Dresdner Norden, ein paar Vorlagen aus dem Stadtrat und der Priorisierung von Straßenbaumaßnahmen. Steigen wir also direkt ein!
Law-and-Order-CDU
Vorsicht, Zynismus. Die CDU fordert im Stadtrat etwas – Anmerkung von Anne – wirklich Wildes. Die Stadtbezirksbeiräte sollen Orte in ihren Stadtbezirken benennen, an denen zum Beispiel Menschen, die existieren, stören. Der Oberbürgermeister soll dann eigenhändig unter anderem folgende Eingriffe prüfen und anordnen (ja, nicht dem Stadtrat zur Abstimmung vorlegen, sondern selbst anordnen):
- deutlich intensivere Bestreifung durch den Gemeindlichem Vollzugsdienst und die Polizei ggf. in Kooperation mit privaten Sicherheitsdiensten,
- Ausweitung von Videoüberwachungsmaßnahmen an Kriminalitätsschwerpunkten,
- schnellere Beseitigung von illegalen Müllansammlungen und Graffiti,
- die Stärkung und Förderung von bürgerschaftlichem Engagement für mehr Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit.
Außerdem soll es eine „Respektkampagne der beteiligten Organisationseinheiten“ (Polizeibehörde, Feuerwehr, Stadtreinigung, Denkmalschutz, Stadtbezirksämter…) geben zur „Verdeutlichung des gesellschaftlichen Wertes von Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung“. (Kotzgeräusch). Darüber hinaus sollen mit der DVB „Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im ÖPNV, insbesondere durch den Einsatz von Sicherheitskräften in problematischen Bus- und Bahnlinien“ gestartet werden.
Kurzum: Mehr Videoüberwachung, private Sicherheitskräfte – die genuin öffentlichen Aufgaben nachgehen sollen – böses Graffiti direkt wegmachen und die Bürger:innen zu Zucht, Ordnung und Sauberkeit erziehen. Die DVB merkt übrigens an, dass ihre Busse und Bahnen sehr sicher sind und es keine explizit problematischen Linien gibt. Die SPD (Göhler) spricht an, dass die CDU im Wahlkampfmodus ist – und dass sie stattdessen gern mit dem nächsten Haushalt die alternativen Maßnahmen unterstützen können, die seit Jahren vom SBR Neustadt gefördert werden (wie zum Beispiel die Nachtschlichter:innen). Die Grünen (Schneider und Rogge) und Linke (Muth) schließen sich dem an, und sehen auch keinerlei Sinnhaftigkeit in den Punkten der CDU. Anne Herpertz (PIRATEN) schlägt vor, das Spiel der CDU nicht mitzuspielen und keine Orte in der Neustadt zu benennen. Wenn, dann könnte man das Stadtbezirksamt als Ort nennen, es gibt nämlich in der ersten Etage ein Grafitti und der Beirat ist faktisch auch eine Cliquenbildung. Lotte Brock (Die PARTEI) macht noch ein paar wirklich witzige Sprüche gegen die CDU, zum Beispiel, dass sie wie der OB selbst die Befugnisse des OBs überschätzt haben (der darf z.B. gar nicht über Videoüberwachung entscheiden). Mit zwei Ja-Stimmen, zwei Enthaltungen und über einem dutzend Nein-Stimmen wurde die Vorlage abgelehnt.
Jede Menge Förderungen…
Ein Fahrrad-Hilfe-Stand am St.-Pauli-Friedhof wurde von der Evangelischen-Mennonitischen Freikirche beantragt und die 1.807,63€ Förderung wurden beschlossen. Für ein neues Lastenrad an der Friedensstraße vor der Verbrauchergemeinschaft (kann kostenfrei ausgeliehen werden!) wurden 1.933,90€ beschlossen. Die Dresdner Museen haben Mittel für einen aus dem Jahr 1830 stammenden Hammerflügel für das Kügelgenhaus im Wert von 7.000€ beantragt, dem Förderantrag wurde einstimmig stattgegeben. Die Villa Wigman möchte die dritte Ausgabe ihrer Künstlerischen Reihe ausrichten, die sich mit der freien künstlerischen Szene in der Zeit nach der Wende bis heute beschäftigt – Ende April findet die Reihe statt. Sie haben 9.500€ beantragt und genehmigt bekommen.
Für den weiteren Ausbau des jüdischen Kulturzentrums werden 26.000€ zur Verfügung gestellt. Das Klubnetz Dresden e.V. hat 35.000€ für den Klubkultursommer 2024 beantragt. Mit dabei sind die Orte: Altes Wettbüro, Blechschloss, Chemiefabrik, Club Paula, GrooveStation, Jazzclub Tonne, Kashay Salon, Kleinvieh, Koralle, objekt klein a, Ostpol, Sektor Evolution und Showboxx. Insgesamt sollen wieder eine höhere zweistellige Anzahl an Parties stattfinden, bei denen dann der Eintrittspreis wegfallen oder deutlich niedriger ausfallen soll.
Für eine mobile Toilettenkabine hinter dem Neustädter Bahnhof werden 1.000€ beschlossen. Das Projekttheater Dresden beantragt 13.640€ für ihre Themenwochen. Dabei gibt es wie jedes Jahr vielfältige Veranstaltungen rund um ein ausgewähltes Thema, dieses Jahr zum Beispiel zum feministischen Kampftag und zu Themen rund um Senior:innen. Außerdem soll eine Gedenktafel zu Ehren des Wissenschaftlers und der Persönlichkeit des öffentlichen Lebens Dr. Juri Tsoglin auf dem Gebäude der ehemaligen jüdischen Gemeinde Dresden (Bautzner Str. 20) mit einer Förderung in Höhe von 8.983,02€ entstehen.
SachsenEnergie: „Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk“ aka Müllverbrennungsanlage
Die SachsenEnergie stellte das Konzept für ihre Müllverbrennungsanlage (sie selbst nennen es „Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk“) im Dresdner Norden (am Hammerweg) vor. Verkauft wird das ganze als lokale, billige und CO2-arme Variante für die Energieversorgung. Tatsächlich aber ist diese Anlage – neben der viel zu späten Dekarbonisierung – einer der Hauptkritikpunkte von Klimainitiativen am Dekarbonisierungsprozess der SachsenEnergie. So äußerte sich zum Beispiel Martin Ahlfeld, Vorsitzender des BUND Dresden: „Müllverbrennung ist nicht klimaneutral. Man muss sich fragen, was diese Technologie in einem Dekarbonisierungskonzept zu suchen hat.“ Aus den Nachfragen von Grünen, Linken und SPD ergibt sich: Der Abfall soll vor der Verbrennung entsprechend vor- bzw. aufbereitet werden, das Verfahren der „Rostfeuerung“ soll dort angewendet werden und es soll keine CO2-Abspaltung/Speicherung vor Ort geben, weil die Verfahren dazu laut Aussagen der Sachsen Energie nicht ausgereift seien. Der Entwurf sieht vor, dass die Anlage am Ende an eine Art Kamin haben wird, die Abgase/der Rauch wird nach gesetzlichen Vorlagen filtert. Ende diesen Jahres/Anfang nächsten Jahres wird dann der Genehmigungsantrag für die Anlage gestellt, die mindestens um die 280-320 Millionen Euro kosten wird.
Weiteres und Sonstiges
Aus dem Stadtbezirksbeirat heraus kann eine Priorisierung der Straßenbaumaßnahmen im Stadtbezirk vorgenommen werden. Da die Neustadt so zentral liegt, sind sowieso bereits alle Maßnahmen in der Kategorie A priorisiert. Die ganze Liste könnt ihr hier einsehen. Es können allerdings neue Wünsche geäußert werden, die LINKE schlägt deshalb noch den Gehweg der Lößnitzstraße zwischen Königsbrücker Straße und Dammweg für Sanierungsarbeiten vor. Der Vorschlag wurde vom Beirat einstimmig angenommen.
Die neuen geplanten Beschränkungen der Straßenkunst in der Straßenkunstsatzung wurden vorgestellt. Am Ende enthielten sich vier Personen (hauptsächlich Grüne), Lotte Brock (Die PARTEI) und Anne Herpertz (PIRATEN) stimmten gegen die Vorlage. Außerdem wurde der Antrag von DIE LINKE „Kulturentwicklungsplan 2020 umsetzen – Atelierräume für Künstlerinnen und Künstler in Dresden sichern“ vorgestellt und abgestimmt. Mit 15 Ja-Stimmen, 2 Nein Stimmen (CDU und AfD) und 1 Enthaltung (FDP) angenommen.
Ein letzter Hinweis aus der Verwaltung: Es werden übrigens noch Wahlhelfende für die Kommunalwahl und Europawahl 2024 gesucht!
Bis zum nächsten Bericht,